Die Gefahrgutklasse (exakt Klassen gefährlicher Güter, englisch classes of dangerous goods, unpräzise auch hazard class, class of danger) ist die Einteilung von Gefahrgut je nach Gefährlichkeitsmerkmal für den Transport, wie sie die Vereinten Nationen herausgegeben haben.
Grundlagen
Der Umgang mit Gefahrgut wurde von den Vereinten Nationen in den Model Regulations der UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods, die derzeit in der Revision 22 (2021) gültig sind, festgelegt. Dazu gehört auch der Aufbau der Gefahrgutklassen.
Die Einteilung erfolgt in 13 Gefahrenklassen. Die weitere Unterteilung ist über einen Klassifizierungscode (classification code) je nach Klasse genauer spezifiziert:
- Die Klasse 1 ist in sechs Unterklassen „1.1“ bis „1.6“ (division number, gibt die Art der Gefährdung an) und Verträglichkeitsgruppen (compatibility group, informieren über genauere Stoffeigenschaften und regeln u. a. Zusammenladeverbote) unterteilt.
- Bei den Klassen 2, 3, 4.1, 4.2, 4.3, 5.1, 5.2, 6.1, 6.2, 7, 8 und. 9 wird mittels Codes über den genaueren Gefahrengrad oder Stoffeigenschaften (subdivisions) informiert.
Daneben sind noch die Verpackungsgruppen zu beachten, die Gefahrgüter in I („sehr gefährliche“), II („mittelgefährliche“) und III („weniger gefährliche“) unterteilt.
Eingegangen sind die Gefahrgutklassen in internationale Übereinkünfte wie die europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), auf Binnenwasserstraßen (ADN, mit ADNR und ADN-D), die internationalen Regelungen zur Beförderung gefährlicher Güter im Schienenverkehr (RID) und for the Safety of Life at Sea (SOLAS) (dort als International Maritime Dangerous Goods Code, IMDG bezeichnet), und finden ähnlich auch im Straßentransportwesen der USA (Tunnelbeschränkungen seitens des US DOT) Verwendung. Die Gefahrgutklassifizierung findet sich in der amerikanischen Literatur oder bei US-Importen deshalb häufig als DOT-Klasse (DOT class) wieder.
Die hier gegebenen deutschen Bezeichnungen sind jene, welche die für Österreich und Deutschland gültige deutsche Fassung des aktuellen ADR gibt.
Zum Vergleich der Gefahrklassen nach UN-Rec.Transp. und UN-GHS siehe GHS-Gefahrenpiktogramm
Klasse 1 – Explosive Stoffe
Explosivstoffe und Gegenstände, die Explosivstoffe enthalten
Unterklassen
Die Gefährlichkeit der Unterklassen reiht sich wie folgt: 1.1, 1.5, 1.2, 1.3, 1.6, 1.4.
Verträglichkeitsgruppen
Klasse 2 – Gase und gasförmige Stoffe
Beispiele: Propangas, Wasserstoff, Haarspray, Acetylen, Lachgas
Bei Kennzeichnung des Gefahrengrads werden Großbuchstaben verwendet. Diese Großbuchstaben sind die Anfangsbuchstaben der englischen Bezeichnung:
Klasse 3 – Entzündbare flüssige Stoffe
Die Klasse 3 beinhaltet Stoffe und Gegenstände, die bei 20 °C und 1013 mbar flüssig sind, bei 50 °C maximal 3 bar Dampfdruck haben, bei 20 °C und 1013 mbar nicht vollständig gasförmig sind und einen Flammpunkt von höchstens 60 °C haben. Entzündbare flüssige Stoffe und geschmolzene feste Stoffe mit einem Flammpunkt über 60 °C, die auf oder über ihren Flammpunkt erwärmt sind, sind ebenfalls Stoffe der Klasse 3. Beispiele: Benzin, Alkohol, bestimmte verflüssigte Metalle.
- Klassifizierungscodes
Die Eigenschaften der einzelnen Stoffe bzw. Gegenstände der Klasse 3 sind in Klassifizierungscodes unterteilt, um ihre Eigenschaften anzuzeigen:
Zusätzlich wird der Gefährlichkeitsgrad über die Verpackungsgruppe wiedergegeben:
Klasse 4 – Entzündbare feste Stoffe, selbstentzündliche Stoffe, Stoffe, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwickeln
Klasse 4.1 – Entzündbare feste Stoffe, selbstzersetzliche Stoffe, polymerisierende Stoffe und desensibilisierte explosive Stoffe
Stoffe der Klasse 4.1 sind leicht entzündliche feste Stoffe und Gegenstände, die durch Funkenflug entzündet werden können oder durch Reibung einen Brand verursachen können. Des Weiteren umfasst die Klasse 4.1 selbstzersetzliche Stoffe, die bei außergewöhnlich hohen Temperaturen oder durch Kontakt mit Verunreinigungen zu stark exothermen Zersetzungen neigen. Explosive Stoffe, die mit einer solchen Menge Wasser oder Alkohol befeuchtet sind oder die eine solche Menge Plastifizierungs- oder Inertisierungsmittel enthalten, dass die explosiven Eigenschaften unterdrückt sind, sind ebenso Stoffe der Klasse 4.1.
Beispiele: Kautschukreste, Zündhölzer, Schwefel.
Klasse 4.2 – Selbstentzündliche Stoffe
Selbstentzündliche Stoffe sind Stoffe einschließlich Mischungen und Lösungen (flüssig oder fest), die sich in Berührung mit Luft schon in kleinen Mengen innerhalb von 5 Minuten entzünden. Dazu kommen Stoffe und Gegenstände, einschließlich Mischungen und Lösungen, die in Berührung mit Luft selbsterhitzungsfähig sind. Diese Stoffe können sich nur in größeren Mengen (mehrere kg) und nach längeren Zeiträumen (Stunden oder Tagen) entzünden.
Beispiele: Weißer Phosphor, Kohle (pflanzlichen Ursprungs), Fischmehl, Kopra, Firnisse.
Klasse 4.3 – Stoffe, die in Berührung mit Wasser entzündliche Gase bilden
Der Klasse 4.3 sind Stoffe sowie Gegenstände mit Stoffen dieser Klasse zuzuordnen, die bei Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwickeln, welche mit Luft explosionsfähige Gemische bilden können. Die Hitze einer solchen Reaktion mit Wasser kann auch zu einer Entzündung des entstandenen Gases oder einer Explosion führen.
Beispiele: Natrium, Carbid, Zinkstaub, Trichlorsilan.
Klasse 5 – Entzündend (oxidierend) wirkende Stoffe und organische Peroxide
Klasse 5.1 – Entzündend wirkende Stoffe
Stoffe, die selbst nicht notwendigerweise brennbar sein müssen und (im Allgemeinen durch Abgabe von Sauerstoff) einen Brand verursachen oder den Brand anderer Stoffe fördern können, sind Stoffe der Klasse 5.1. Des Weiteren können brennbare Stoffe wie Ethylalkohol oder Aceton in Kombination mit starken Oxidationsmitteln wie Wasserstoffperoxid zu explosionsfähigen oder deflagrierenden Stoffen werden.
Beispiele: Sauerstoff, Wasserstoffperoxid, Kaliumchlorat, Salpetersäure, Natriumchlorat („Unkraut-Ex“), ammoniumnitrathaltige Düngemittel.
Klasse 5.2 – Organische Peroxide
Bezettelung gültig seit 2007, veraltetes Gefahrensymbol wegen Ähnlichkeit mit 5.1 verworfen
Klasse 6 – Giftige und ansteckungsgefährliche Stoffe
Klasse 6.1 – Giftige Stoffe
Klasse 6.2 – Ansteckungsgefährliche Stoffe
Klasse 7 – Radioaktive Stoffe
- ADR Tabelle 5.1.5.3.4 – Kategorien der Versandstücke und Umverpackungen und Container
Daneben ist die Kritikalitätssicherheitskennzahl (CSI, Criticality safety index) zu berücksichtigen, der in den Gefahrzettel 7E eingetragen wird. 7/3
Diese Klasse und ihre Kennzeichnung ist auch in den UN Regulations for the Safe Transport of Radioactive Material der IAEA geregelt.
Klasse 8 – Ätzende Stoffe
Die Klasse 8 umfasst alle Stoffe, die durch chemische Einwirkung eine irreversible Schädigung der Haut verursachen oder beim Freiwerden materielle Schäden an anderen Gütern oder Transportmitteln herbeiführen oder sie sogar zerstören.
Unter den Begriff dieser Klasse fallen auch Stoffe, die erst bei Vorhandensein von Wasser einen ätzenden flüssigen Stoff oder in Gegenwart von natürlicher Luftfeuchtigkeit ätzende Dämpfe oder Nebel bilden.
Beispiele: Schwefelsäure, Natronlauge, Salzsäure.
Klasse 9 – Verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände
Beispiele: Trockeneis, flüssiger Stickstoff, Asbest, einige Airbagtypen. Seit dem 1. Januar 2017 gibt es einen neuen Gefahrzettel 9A. Dieser dient ausschließlich der Kennzeichnung des Transportes von Lithiumbatterien.
Siehe auch
- Gefahrstoff
- Global harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien
- Gefahrensymbole für Chemikalien nach WHMIS, Kanada
- Gefahrendiamant nach NFPA 704, USA
- Nummer zur Kennzeichnung der Gefahr (Gefahrennummer)
- Dangerous Goods Regulations (DGR) (IATA-Gefahrgutvorschriften), Regelwerk für den Transport von Gefahrgut im Luftverkehr der IATA
Literatur
- Michael Schomers: Giftig, ätzend, explosiv. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1988, ISBN 3-499-12349-5.
- Lothar Schott, Manfred Ritter: Feuerwehr Grundlehrgang FwDV 2. 21. Auflage. Wenzel-Verlag, Marburg 2022, ISBN 978-3-88293-121-1.
Weblinks
- UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods. Model Regulations. United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) Transport Division, abgerufen am 3. Dezember 2018 (englisch).
- Thurm, Volker; Heinemann, André: Versand von medizinischem Untersuchungsmaterial: Sicher und vorschriftenkonform. Deutsches Ärzteblatt, abgerufen am 15. Juli 2013.
Einzelnachweise




